NRW-Unternehmen sorgt für sauberen Strom in der Karibik

Interview mit Georg Schmiedel

In der Dominikanischen Republik ist auf einer Fläche von zwei Millionen Quadratmetern ein gigantischer Solarpark entstanden, der nun mehr als 50.000 Haushalte mit sauberer Energie versorgt und wodurch rund 108.000 Tonnen CO2 jährlich einspart werden können. Hinter diesem Projekt steht ein nordrhein-westfälischer Projektierer aus Euskirchen: F&S Solar möchte mit dem Solarpark einen wichtigen Beitrag zum Aufbau einer nachhaltigen Energieversorgung im Land leisten.

Welche Chancen und Herausforderungen dies mit sich bringt, erklärt Geschäftsführer Georg Schmiedel im Gespräch.

Herr Schmiedel, ein gigantischer Solarpark mitten in der Karibik. Wie kommt ein Euskirchener Unternehmen zu einem so großen Projekt?
Das wir ausgerechnet dort ein Projekt gestartet haben war tatsächlich eher Zufall, da es aus einer Idee bei einem Geschäftsessen entwachsen ist. Diese Idee nahm dann immer mehr Gestalt an: Viel Sonne, damit viel Solarenergie, eine Insellage – da kann man was machen, dachten wir.

Erst als wir dann loslegten erfuhren wir bei einem Termin im Auswärtigen Amt in Berlin, dass die Dominikanische Republik (Dom.Rep.) ein großartiger Einstiegsmarkt für Lateinamerika ist: Das Land ist relativ sicher, es ist eine Demokratie und damit politisch stabil. Man sagte uns: Wenn Sie, gerade als Mittelständler, die Chance haben in der Dom.Rep. zu starten, dann machen sie das! Und das haben wir auch gemacht.

Welche Herausforderungen brachte die Entwicklung des Solarparks vor Ort mit sich?
Glücklicherweise hatten wir bereits einen Partner mit im Boot, der einiges an Erfahrung in Bezug auf das Land mitbrachte. Denn es bringt nichts wie ein Kolonialherr in einem Land aufzuschlagen. Man muss zunächst das Land verstehen, die Leute, die Mentalität, aber auch die Wirtschaftslage und das Steuersystem – die ganze Entwicklung hat erstmal zweieinhalb Jahre gedauert. Die Genehmigungsprozedur ist wirklich anders als hier. Das Land ist unglaublich bürokratisiert, es gibt dort teilweise für Abläufe, die hier eine Behörde macht, gleich fünf Behörden.

Natürlich ist es auch insgesamt etwas anderes wenn man aus einem hochentwickelten Industrieland in ein Entwicklungsland geht – vor allem was Sicherheit und die Standards dort angeht sowie die gesundheitliche Versorgung. Unser Büro dort ist zum Beispiel in Santo Domingo – das ist fernab von der Tourismus-Region. Aber man arrangiert sich halt mit den Bedingungen.

Sind in der Dom.Rep. bereits viele Investoren in diesem Bereich tätig? Hat die Politik dort ein besonderes Interesse am Ausbau erneuerbarer Energien?
Es sind kaum ausländische Firmen da, die dort investiert haben. Deswegen ist der Solarpark auch eine Art Vorzeigeprojekt mit Zukunft. Sie gewinnen dort Wahlen mit der Energieversorgung. Wer sagen kann: „Hier, ich hab Strom für alle!“ – der gewinnt die Wahl. Energieversorgung ist politisch also ganz hoch aufgehängt. Das hat den Hintergrund, dass mehr als die Hälfte der Energie über Schweröl-Kraftwerke produziert wird, eine ökologische Katastrophe. Da kommt dann ein Tanker mit der dreckigsten Öl-Form, die es gibt, und die wird dann im Kraftwerk verbrannt um Turbinen anzutreiben, die Strom produzieren. Außerdem muss das Öl, durch die Insellage, mit Schiffen hingebracht werden, wodurch das Land auch von den Preisen der Öl-Kartelle abhängig ist. Da kommt die Umstellung auf Solarenergie natürlich nicht nur aus ökologischen Gesichtspunkten gut an, sondern es ergibt sich die einmalige Möglichkeit Energie mit einem eigenen Rohstoff – der Sonne – zu gewinnen.

Wie hat der Aufbau logistisch funktioniert?
Die Solarmodule haben wir aus China liefern lassen, die wurden dann im Hafen in Empfang genommen und mussten dann einmal komplett über die Insel transportiert werden. 600 bis 800 Lkw wurden mit dem ganzen Material losgeschickt.

Das hört sich aufwendig an: Wie schnell hat die Installation der Module dann gedauert?
Wir haben tatsächlich nur sechs Monate für den Aufbau gebraucht, das geht dann verhältnismäßig schnell. Bei dem Solarpark handelt es sich um ein modulares System. Man hat 2 Megawatt um einen Wechselrichter – das baut dann ein Team auf, aber von diesen 2-MW-Blöcken können viele gleichzeitig gebaut werden. Mit genügend Helfern ging es also schnell.

Apropos Helfer: Haben Sie Ihre Mitarbeiter eingeflogen?
Teils-teils, wir haben ja hauptsächlich mit deutschen Firmen gearbeitet, die dort auch ihre Mitarbeiter hingeflogen haben. Aber wir mussten schlussendlich 215.000 Solarmodule installieren und dafür braucht man nun mal richtig „Manpower“. Bis zu 300 Einheimische waren dann noch auf der Baustelle, das hat wirklich gut geklappt. Am Ende sind auch 20 Arbeitsplätze dauerhaft entstanden für die Security und Park-Pflege.

Welche Umweltrisiken mussten Sie vor Ort in Kauf nehmen und welche Standards einhalten?
Es ist bekannt, gerade durch das Nachbarland Haiti, dass die Region oft mit Erdbeben und Hurrikans zu kämpfen hat. Dennoch gibt es in der Dom.Rep. glücklicherweise relativ wenige Risiken. Wir sind mit dem Standort etwa 30 Kilometer vom Meer entfernt und die Insel ist groß genug – sodass Hurrikane schnell drüber ziehen können. Der Solarpark ist außerdem noch durch Gebirgszüge, die oberhalb liegen, geschützt.

Das Problem mit der Umwelt war eher ein anderes. Da wir die Umweltstandards der Bank einhalten wollten, wurde eine seltene Kakteenart in den botanischen Garten in Santiago aufwendig umgepflanzt. Das waren 3.000 Pflanzen. Außerdem wurden schützenswerte Raben entdeckt, die erst noch zu Ende gebrütet haben.

Was genau leistet nun der Solarpark?
Von 215.000 Modulen fließt nun Strom über Wechselrichter und ein neu errichtetes Umspannwerk in das Hochspannungsnetz der Insel. Mehr als 50.000 Haushalte können mit sauberer Energie versorgt werden. Der Solarpark hat eine Kapazität von 58 MW. Es besteht ein Stromliefervertrag mit dem Staat, wodurch der Strom über die nächsten 20 Jahre zu einem festen Preis geliefert wird. Wir liegen dabei unter dem Spotmarkt-Preis des Landes. Es gibt eine funktionierende Strombörse, und der Strom der an der Börse mit den Entstehungskosten gehandelt wird, ist deutlich höher, als der, den wir aus dem Solarpark liefern. Also eine „win-win“-Situation: In dem Moment wo der Solarpark ans Netz ging, verdienten wir, die Investoren und der Staat an dem Projekt – besser kann es nicht sein.

Stichwort Stromnetz: Wie sind dort die Voraussetzungen?
Von katastrophal bis sensationell: Auf der Hochspannungsebene erreicht man eine Verfügbarkeit von annährend 99 Prozent und es gibt ein zentrales Kontrollzentrum, dass das gesamte Netz kontrolliert und regelt. Wenn man in die unteren Ebenen geht, die die letzten Meter übertragen, da ist es teilweise schlimm. Da werfen Leute Stromkabel mit Eisenhaken an die Leitungen, um sie direkt anzuzapfen. Die Leitungen sind dort teilweise ganz schlecht verlegt, es kommt tagelang zu Stromausfällen. Es gibt auch Regionen wo es gar kein Strom gibt, wo nur mit Generatoren gearbeitet wird. Da ist also noch viel Potenzial nach oben.

Wie genau sieht dieses Potenzial aus? Was planen Sie noch im Land?
Wir haben noch viel vor. Momentan haben wir noch den Vorteil, dass wir zu 100 Prozent einspeisen können. Wir bauen jetzt erstmal einen zweiten Solarpark mit derselben Größe neben den ersten, dann haben wir Energie für 100.000 Haushalte – aber das nimmt das Netz problemlos auf.

Außerdem wollen wir Großspeicherlösungen installieren. Die dienen vor allem zur Netzstabilisierung, sodass man eben Spitzen in beide Richtungen auffängt und das Netz stabiler wird. Das langfristige Ziel ist es, mit kleineren Parks Strom dezentraler liefern zu können. In dem großen Park in der höchsten Spannungsebene haben wir mit 138 kv eingespeist. Aber auf längere Sicht wäre es sinnvoller, an zwei, drei Standorten mit den großen Parks ins Netz einzuspeisen – und mit allen weiteren Anlagen mehr und mehr dezentrale Strukturen aufzubauen. Dabei stellen wir uns auch eine beratende Rolle vor, um die saubere Energie im Land weiter voranbringen.

Verfasser:
Frau Lara Blankenberg
Kommunkation
EnergieAgentur.NRW
Telefon: 0202 2455272

Bild:
Maurice Kohl Photographie

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