Sonnenstrom und Wasserstoffproduktion gehen in Jülich erstmals Hand in Hand

Euskirchener Solarspezialist „F&S solar“ verbaut 17.000 Photovoltaikmodule, die Strom für jährlich 170.000 Kilogramm grünen Wasserstoff liefern

Landrat Wolfgang Spelthahn: „Wir erleben eine historische Stunde in Sachen Klimaschutz“ – Dezentral produzierter Wasserstoff kommt dem ÖPNV im Rurtal zugute

Jülich – Der Startschuss zu einem wegweisenden Projekt in Sachen Klimaschutz und CO2-Reduzierung ist jetzt in Jülich gefallen. Die Stadt, die nicht zuletzt aufgrund ihres Forschungszentrums von jeher den Ruf genießt, der Gegenwart immer ein paar Schritte voraus zu sein, gelang ein weiterer Coup.

„Um die Energiewende voranzutreiben, ist eine der Schlüsseltechnologien der Wasserstoff“, berichtete der Landrat des Kreises Düren, Wolfgang Spelthahn, anlässlich des Spatenstichs zu einem neuen Solarpark auf der Merscher Höhe: „Doch die entscheidende Frage dabei ist, wo kommt der Wasserstoff her?“ Falle Wasserstoff bislang vorwiegend nur als Abfallprodukt in der chemischen Industrie an, so wolle man in Jülich mit der Energie des neuen Solarparks grünen Wasserstoff dezentral produzieren und diesen für die Rurtalbusse und -bahnen nutzen. „Damit werden wir unserem Ziel, den Kreis Düren bis 2024 klimaneutral zu gestalten, einen wesentlichen Schritt näherkommen“, freute sich der Landrat.

In Berlin solle ein solches Projekt erst in ein paar Jahren umgesetzt werden, so dass Spelthahn die zahlreichen Anwesenden beim Spatenstich darauf aufmerksam machte, dass man in Jülich an diesem Tag einer historischen Stunde beiwohne. Möglich sei dies vor allem durch den Solarprojektierer „F&S solar“ aus dem Kreis Euskirchen. „Dieser hat in Sachen regenerativer Energie schon Herausragendes in unserem Kreis bewegt", so Spelthahn, der beispielsweise an den Solarpark Inden erinnerte, der „ein wahres Schätzchen der Rurenergie“ sei. „Wir müssen aufhören, theoretisch über den Klimawandel zu philosophieren“, so der Landrat weiter, „und endlich zeigen, dass wir auch in der Praxis in der Lage sind, diesen Wandel aufzuhalten.“

Der Bürgermeister der Stadt Jülich, Axel Fuchs, erklärte, dass er „Freudentränen in den Augen“ habe. „Hier werden, sobald auch die Elektrolyse errichtet ist, um den Wasserstoff zu produzieren, die Menschen sehen können, was Klimaschutz bedeutet.“

Axel Fuchs erinnerte auch daran, dass man nicht nur etwas für den Umweltschutz unternehme, sondern dass die wasserstoffbetriebene ÖPNV-Flotte demnächst auch deutlich leiser durch die Straßen fahren werde. „Somit schaffen wir auch für die Menschen, die hier leben, einen deutlichen Mehrwert“, so Fuchs.

Der Geschäftsführer der Rurenergie, Thomas Zerres, erinnerte sich daran, dass er vor 20 Jahren noch in Bitterfeld-Wolfen in der „Nischentechnologie“ Photovoltaik gearbeitet habe. Mittlerweile könne von einer Nische aber nicht mehr die Rede sein. „Die Rurenergie verfügt mittlerweile über 48 Photovoltaikanlagen, drei weitere sind im Bau“, so Zerres. Darüber hinaus könne die Rurenergie auf sieben Windparks zurückgreifen.

Der Solarpark „Merscher Höhe“ sei 13 Fußballfelder groß und habe eine Leistung von 9,2 Megawattpeak. Er teile sich in zwei Bauabschnitte und erhalte eine eigene Umspannanlage und eine Übergabestation, um den Strom ins Netz einzuspeisen. Zerres: „Wir haben es hier mit einer Sechs-Millionen Euro-Investition zu tun, die sich jedoch rechnet, denn der produzierte Strom kostet gerade einmal fünf Cent die Kilowattstunde.“

Die Inbetriebnahme der Anlage sei für 2022 geplant, der Solarpark werde 24 Stunden am Tag überwacht, die Grünflächenpflege übernähmen Schafe, und man habe auch vor, ähnlich wie im Solarpark Inden, Bienenstöcke aufzustellen, da auch in einem Solarpark große Artenvielfalt herrsche.

Für die zahlreichen Journalisten hatte F&S-Geschäftsführer Georg Schmiedel anschließend noch einige beeindruckende Zahlen parat. „Verbaut werden hier 17.000 Photovoltaikmodule, die mit 7000 Schraubankern befestigt werden, so dass allein der Unterbau 700 Tonnen wiegt. Mit den 9,5 Millionen Kilowattstunden Strom, die in Jülich erzeugt werden, kann man rein rechnerisch 2600 Drei-Personen-Haushalte versorgen“, so Schmiedel. Gleichzeitig spare man 5000 Tonnen CO2 pro Jahr ein.

Bei der Wasserstoffelektrolyse werde Wasser aufgespalten in Wasserstoff und Sauerstoff. Der Wasserstoff müsse jedoch stark komprimiert werden. „Das geht nur mit einem Druck von 350 bis 800 bar“, so Schmiedel. Um so einen Druck auf natürliche Weise aufzubauen, müsse man 8000 Meter tief tauchen.

„Mit der fertigen Anlage können wir dann 170.000 Kilogramm grünen Wasserstoff pro Jahr erzeugen“, berichtete Schmiedel. Und das alles in einem regionalen Mikrokreislauf. „Wenn man beispielsweise in der afrikanischen Wüste Wasserstoff produziert, der anschließend in alten Diesel-Frachttankern um die halbe Welt verschifft wird, dann kann man diesen Wasserstoff wohl kaum noch grün nennen“, gab der F&S-Geschäftsführer zu bedenken.

Die Idee zu der zukunftsweisenden Anlage auf der Merscher Höhe habe der Dürener Landrat vor einigen Jahren gehabt. „Herrn Spelthahns Ideen verstehen wir immer auch als Aufträge“, scherzte Schmiedel, so dass man sich in Euskirchen weitere Gedanken über eine Symbiose von Photovoltaik und Wasserstoff gemacht habe. „Möglich wurde die Umsetzung dann vor allem durch die Verwaltung der Stadt Jülich, die in Rekordzeit eine Baugenehmigung erteilt hat“, so Schmiedel abschließend, der betonte, dass der Kreis Düren mit dieser Anlage ein zukunftsweisendes und deutschlandweites Zeichen für den Klimaschutz setze.

Eifeler Presse Agentur/epa

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